Wohnturm Einzug

Meine erste Woche im neuen Wohnturm, … der nicht wirklich ein Turm ist.

Von Maria Keil

Ein achteckiges Haus mit Erdgeschoss und zwei Stockwerken wurde mit diesem Namen „geboren“ und jetzt werden wir ihn wohl kaum mehr umbenennen. Er ist ein gut gedämmter Holzbau. Beim Betreten des Hauses ist es zu spüren, der Geruch und das angenehme Raumklima. Insgesamt birgt er in seinem Inneren fünfzehn Wohnräume, im Erdgeschoss drei Zimmer mit Bad, die barrierefrei sind, im ersten und zweiten Stock teilen sich jeweils sechs BewohnerInnen ein großes Badezimmer. Wer sich mit anderen treffen will, hat im EG die Möglichkeit dazu. Eine große Küche ist bereits dort eingebaut und fürs erste gibt es ein paar Tische und Stühle, eine geschenkte Couchlandschaft und jede Menge Kisten mit Geschirr und Küchenutensilien, die noch ihren Platz finden müssen. Unser Ess- und Wohnraum muss noch seine gute Form und Farbe finden.

Die Küche wurde von den jungen Leuten vom Zukunftsjahr gebaut. Zukunftsjahr ist ein Angebot von Tempelhof an junge Menschen, mit uns zusammen zu leben und unter anderem mit handwerklichen Techniken vertraut werden. Keine und keiner von ihnen hatte Erfahrung im Schreinerhandwerk. Mit Betreuung und Anweisung von Profis haben sie eine wirklich einmalige Küche geplant und gebaut. Die Fronten sind aus altem Holz, jede Türe ein wenig anders, doch es geht harmonisch zusammen. Was doch alles aus Vielfalt entstehen kann!

Demokratisch leben

Die Vielfalt führt zu der Frage, wie das Zusammenleben von fünfzehn Menschen, die alle verschiedene Bedürfnisse, Schwerpunkte, Ansichten, Ansprüche haben, geht. Wie geht das auch harmonisch zusammen? Muss es immer harmonisch sein? Wie geht eine konstruktive, wenig emotional geladene Auseinandersetzung, um zu einer gemeinsamen Formel zu kommen? Muss es immer zu einer gemeinsamen Lösung kommen? Wie gehen wir damit um, wenn meine Ansichten und Bedürfnisse nicht zu 100% erfüllt werden? Und trotzdem, wie richten wir uns so ein, dass es für alle, die im Wohnturm wohnen, ein Optimum an Lebensqualität gibt?

Zuerst dachte ich, dass ein gutes Zusammenleben nur dann möglich ist, wenn die Menschen eine tiefe Verbindung zueinander haben. Mittlerweile bin ich jedoch auf einer anderen Spur. Zusammenleben war schon immer eine Kunst und eine der ältesten Formen ist die Demokratie.

Wie geht denn eine gut gelebte Demokratie? Da haben wir wenig brauchbare Vorbilder, was nicht heißt, dass Demokratie nicht funktioniert. Roman Huber und Claudine Nierth haben in ihrem Buch „Die zerrissene Gesellschaft“ Demokratie weiter, gründlicher und überraschender gedacht. Also, wir können hier im Wohnturm eine kleine, gut gegründete, demokratische Wohnform ins Leben bringen, in der jede/r eine Stimme hat, die mit Wohlwollen gehört wird, in der wir achtsam auf uns hören, aus welchem Raum wir selber sprechen, in der wir auch offen sind für Möglichkeiten, die wir uns noch nicht vorstellen können und wo wir Veränderungen nicht fürchten. Dahin gehend wünschen wir uns auch Wohlwollen und Unterstützung vom Dorf.

Doch derzeit haben wir mit ganz konkreten Herausforderungen zu tun: Wohin mit dem Zeug?! Wohin mit all den Schuhen von uns, da unser Anbau, der als Kellerersatz gedacht ist, noch nicht fertig ist. Ja und Geschirr und Töpfe sind auch zu viel – eigentlich haben wir alle zu viel. Was braucht Mensch denn nun wirklich? Eine wirklich spannende Frage..

Eckdaten zum Wohnturm

Ca. 550 qm Wohnfläche, EG mit Gemeinschafts-Wohnküche sowie drei barrierefreie Appartements; 1.OG mit 6 Wohnräumen rund um einen achteckigen Mittelraum, mit Bad und Teeküche; 2.OG mit 6 Wohnräumen rund um einen nach oben offenen Innenhof mit „Sommerzimmer“, Bad und Teeküche. Durchschnittlich 36 qm je Bewohner (individuelle und anteilig gemeinschaftliche Flächen).
Energieeffizienz KfW 40 Gebäude; Holzbauweise.
Gesamtkosten ca. 2 Mio. €. Baukredit durch GLS und KfW Bank.
Unsere Baufirmen wie Zimmerer, Sanitär, Elektrik, Erdbau, Fenster und Dach kommen aus der Region und Nachbarschaft.

Der Entwicklungs-, Planungs- und Bauprozess folgte dem „Leitfaden für komplexere Bauvorhaben“, den die Gemeinschaft 2018 beschlossen hatte und der das Zusammenspiel von Projektteam und Gemeinschaft in den unterschiedlichen Phasen regelt. Er integriert auch die rechtlichen Vorgaben aus dem Bebauungsplan, den die Gemeinde Kreßberg in 2017 für Tempelhof nach jahrelanger Vorarbeit verabschiedet hatte.

Zusammenstellung von Jonas Doerfler

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  • Regionale Vernetzung

    Gemeinsam die Region gestalten! Zum 3. Mal wurde am 15.10.2024 ein regionales Vernetzungstreffen für Gruppen und Organisationen aus dem Bereich Nachhaltigkeit der Region Hohenlohe-Franken-Tauber durchgeführt. Es gab wieder einiges Neues zu erfahren! Hier der Bericht und die vorgestellten Projekte.

  • Zukunftsjahr startet am 13.September

    Das Zukunftsjahr ist eine gute Alternative zu Freiwilligendiensten, Praktikum, Reisen und Au Pair. Gemeinsam mit bis zu 14 anderen jungen Menschen wirst du in deiner individuellen Lebens- und Berufsorientierung unterstützt und erlangst Wissen in vielen verschiedenen Themen. Hier ist ein kleiner Einblick: Zuja – der Film (Link vimeo).

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