Praxis und Forschung für einen gesunden Lebensraum
Der Boden ist eine der wichtigsten Lebensgrundlagen und eine nur bedingt erneuerbare Ressource. Die Entwicklung von einem Zentimeter Humus kann zwischen 100 und 300 Jahren dauern! Und doch verlieren und zerstören wir jeden Tag achtlos wertvollen Boden in über 10 mal so hoher Geschwindigkeit und haben uns daran gewöhnt, dass die Lebensmittel im Supermarkt nie ausgehen.
Mit Einsetzen der industriellen Revolution und den dadurch entstandenen Möglichkeiten, menschliche und tierische Arbeit durch Maschinen zu ersetzen, hat sich der menschliche Eingriff in die Böden erheblich verstärkt. Eines der wichtigsten Anliegen der Menschheit muss daher heute sein, der weltweiten Bodenerosion und Bodendegradation (= dauerhafte Veränderung bzw. Zerstörung der Strukturen und Funktionen von Böden) Einhalt zu gebieten und neue Formen der Landbewirtschaftung zu entwickeln. Wir brauchen Methoden, die nicht nur den Boden erhalten, sondern aufbauen, um die akkumulierten Bodenverluste der letzten Jahrhunderte auszugleichen.
Als Gemeinschaft übernehmen wir am Tempelhof die Verantwortung für einen gesunden Lebensraum für Mensch, Tier, Pflanze und Boden!
Auf unserer neuen Projekt-Homepage erläutern wir, was wir tun und warum: www.lebendige-landwirtschaft.de
Unter Berücksichtigung der Ausgangsbedingungen entwickeln wir einen ganzheitlichen Ansatz für die Landbewirtschaftung durch unsere Gemeinschaft. Mit Methoden der Permakultur und des holistischen Managements planen und gestalten wir einen zukunftsfähigen Lebensraum, in dem die natürlichen Kreisläufe und die Grundbedürfnisse von allen Lebewesen Beachtung finden.
Der Boden an sich ist ein komplexes Ökosystem mit einer unglaublichen Fülle von Leben und vielfältigen Funktionen (Nährstofflieferant und -speicher, Wasserspeicher und Wasserleiter, Durchlüftung, Lebensraum, Schutz, usw.). Aufbauende Bodenbearbeitung muss sich der komplexen Vorgänge und der vielfältigen Kreisläufe im Boden bewusst sein, um Erfolge zu erzielen. Zudem braucht es eine Wiederbelebung der Landschaft als Ganzes mit strukturgebenden und lebendigen Elementen wie Hecken, Baumgruppen und Wasserkörpern, um die natürlichen Kreisläufe der Natur wieder in Gang zu setzen, die durch die Ausräumung der Landschaft und monotone Ackerflächen unterbrochen wurden. Dadurch können die Systeme zur Lebensmittelproduktion vielfältiger gestaltet und eine Vielzahl an Funktionen wiederhergestellt werden, die die Natur durch komplexe Ökosysteme zur Verfügung stellt (z.B. Erosionsschutz, Bodenaufbau, Nährstoffversorgung, Wasserrückhalt, Wasserfiltration, Lebensraum und Nahrungsgrundlage für hilfreiche Insekten und Vögel, usw.). All dies führt zu einer größeren Stabilität und einer höheren Resilienz im landwirtschaftlichen System.
Beispiel Altgrasstreifen
Eine Wiese (Dauergrünland) kann ein sehr artenreiches Biotop sein, dass unzählige Falter und Bienenarten mit seinen Blüten ernährt. Wenn Heu geschnitten wird, mähen die meisten Bauern alles ab. Meist fallen auch noch die Schnittzeitpunkte (oft wetterbedingt) einer ganzen Region auf dieselbe Woche. Das heißt, dass innerhalb weniger Tage die komplette Futtergrundlage und der Lebensraum für die Insekten (wie Wildbienen und Falter), aber auch für manche Vögel, verschwindet, die wiederum einen Teil der natürlichen Nahrungskette darstellen.
Durch die Biodiversitätserhebung, die gerade im Zuge des Forschungsprojekts auf unseren Flächen durchgeführt wird, haben wir nun deutlich mehr Einblick in unser kleines Ökosystem und können daher gezielt Ecken, Ränder und Streifen stehen lassen, wo seltene Falter leben oder bedrohte Pflanzen wachsen.
Die Altgrasstreifen sind Rückzugsflächen für Insekten und sorgen dafür, dass seltene Gräser und Kräuter, die das Schneiden nicht gut vertragen sich dennoch vermehren können.
Im Herbst 2018 pflanzen wir, als Teil unseres Agroforstsystems, die nächsten Baumreihen auf Acker und Wiese und suchen noch tatkräftige Hilfe!
Wenn ihr dabei sein wollt, dann meldet euch gerne als helfender Gast für die letzte Oktober- oder die erste Novemberwoche an. Hier geht es zur Anmeldung
Der Wandel in der Agrarlandschaft muss großflächig sein, daher braucht es begleitende wissenschaftliche Forschung, um zu überprüfen, welche Maßnahmen am wirksamsten sind und wie Konzepte in andere Kontexte übertragbar sind. Hierfür haben wir ein begleitendes Forschungsprojekt in unserer Stiftung gestartet und arbeiten mit mehreren Universitäten zusammen, um unsere Fragestellungen aus der Praxis direkt in Forschungsarbeiten einfließen lassen zu können. Momentan laufen die Erhebungen zur Ausgangslage (Bodenanalysen, Biodiversitätserhebung). www.lebendige-landwirtschaft.de
Die Zukunftswerkstatt Tempelhof beschäftigt sich mit vielen Fragen rund um das Thema „Wie kann zukunftsfähiges Leben gelingen“?
Wir erforschen uns selbst, unser Miteinander und unsere Umwelt. Hierdurch generieren wir ein Transformationsfeld, an dem wir Menschen von außen teilhaben lassen, damit Wandel an möglichst vielen Orten eintritt. Im Bereich der Aufbauenden Landwirtschaft und Permakultur bieten wir Workshops, Erfahrungswochen, Ausbildungen und Führungen an, um unsere Erkenntnisse weiterzugeben. Im Herbst gibt es die Möglichkeit beim Umzug unseres Waldgartens mitzuwirken, einen Gärtnerkurs zu machen oder uns beim Bäume Pflanzen zu unterstützen. Wenn ihr dabei sein möchtet, dann meldet euch gerne hier als helfender Gast.
Euer Team „Aufbauende Landwirtschaft“
Martina Jacobson, Helene Urbain, Stefan Schwarzer, Sebastian Heilmann, Maya Lukoff