Ausbildung in Freiheit

Freiheit und Unabhängigkeit der Gemeinschaft durch die Selbstversorgung mit Gemüse und Obst ist einer der zentralen Punkte der Vision am Tempelhof. So liegt der Gedanke nahe, eine freie Demeter-Ausbildung im Bereich der Landwirtschaft anzubieten.

Hallo, mein Name ist Tommi Urban und ich bin einer von zwei Lehrlingen, die momentan am Tempelhof ihre Ausbildung machen. Ich arbeite in meinem ersten Lehrjahr in der Gärtnerei, Evi (2. Lehrjahr) im Tierbereich. Als Dritter im Bunde beginnt Pascal ab März seine Ausbildung.

Die freie Ausbildung des Demeter Verbandes ist eine 4-jährige Berufsausbildung im biologisch-dynamischem Land- und Gemüsebau. Sie finanziert sich vor allem aus Mitteln der EU und Spenden. Die Dozenten und Seminarleiter sind Bauern, die vielseitigen Demeterhöfe in Deutschland sind unsere Klassenzimmer.

Unsere Ausbildung ist nicht staatlich anerkannt. Zwar bringt das manchen Nachteil mit sich, wie z.B. die fehlende staatliche Förderung für Azubis, bietet aber auch viele Vorteile. So kann Demeter eigene anthroposophische Werte vermitteln, die Lehrlinge können Lerninhalte mitbestimmen und man ist unabhängiger von bürokratischen Zwängen.

Wir absolvieren unsere Seminare vor allem in Nordrhein-Westfalen und Hessen, denn im Süden gibt es nur eine begrenzte Anzahl von Ausbildungsplätzen. Es sind dahin weite Anfahrten, aber durch Fahrgemeinschaften und solidarische Fahrtkostenteilung ist es machbar und wir lernen ganz neue Ecken Deutschlands kennen!

Die Landwirtschaft ist, nach meinem Empfinden und bei aller Bilderbuch-Bauernhof-Idylle, zunächst viel Arbeit und kann ein knallhartes Business sein. Die wirtschaftlichen Zwänge prägen auch den Bio- und Demeterbereich, manchmal auf Kosten des Betriebsklimas. Für mich war es eine bewusste Entscheidung, am Tempelhof zu lernen und ich kann mir meine Arbeit als Gärtner nicht mehr anders vorstellen als hier im hier gelebten Modell der Solidarischen Landwirtschaft. Mir gefällt das Arbeiten für Menschen und Kunden, die ich persönlich kenne, und der enge Kontakt mit der Küche, die unsere Produkte direkt für uns verarbeitet.
Apropos Arbeiten: Auch in der Freien Ausbildung haben wir eine 40 Stunden-Woche, Wochenenddienste, Gemeinschaftsstunden, die im Übrigen alle Tempelhofer machen müssen, und Seminare. Ich glaube, ich muss wohl noch einige Zeit auf und mit dem Land, mit den Tieren und im Rhythmus der Natur gearbeitet haben, um mich völlig anzupassen. Dieser Rhythmus verändert mich, innerlich und äußerlich…

Und wenn

  • es dann irgendwann nicht mehr wichtig ist, ob es Sonntag oder Montag ist,
  • ich im Team von vielen unterschiedlichen Ausbildern lerne, die gerne ihr Wissen weitergeben und sich Zeit dafür nehmen,
  • soziale Aspekte auf dem Acker berücksichtigt und in dafür geschaffenen Räumen Platz finden,
  • ich meine Meinung sagen darf und eine Offenheit herrscht für neue Perspektiven und Ideen,
  • die Begeisterung von einem auf den anderen überschwappt und wir gemeinsam etwas bewegen, jeder mit seinen Begabungen,
  • Besucher zu uns kommen, die uns mit ihren Geschichten bereichern, uns bei der Arbeit helfen und wir sie damit Inspirieren können und so Veränderung säen,
  • Arbeit und Leben verschmelzen und ich veränderungsfähig bleiben kann,…

… dann fühl ich mich schon sehr frei!

Ich möchte nicht behaupten, dass wir da schon angekommen wären. Aber wir sind hier auf einem guten Weg! Ich freue mich auf eine neue Saison und mein 2. Lehrjahr am Tempelhof.

Thomas Urban

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