Im Sommer endet schon unser zweites Schuljahr an der Schule für Freie Entfaltung Schloss Tempelhof – extrem spannende und aufregende Monate für Schüler, Eltern, Lernbegleiter und die Gemeinschaft gleichermaßen. Mit frischen Ideen gestartet, gestalteten wir beispielsweise im Herbst 2014 die so genannte „Einstiegs- und Orientierungsstufe“, Räume für Kinder ab vier Jahren und vorübergehend für die neuen Schüler. Es hat sich bewährt: Das Konzept des Wechselns zwischen Schule und Einstiegsbereich wurde vor allem von den jüngeren Schülern gut angenommen: „Wo und wann fühle ich mich wohl und sicher?, wo lockt mich die eigene Neugier in neue Räume?, wann möchte ich mit den „Großen“ zusammen sein?“ – Fragen, die sich die Kinder stellen und selber beantworten in Räumen, die zulassen, dass sie sich in ihrem eigenen Wohlfühlspektrum erfahren können. Ihre „Zuordnung“ über das Alter und die konventionelle Klassenstruktur fällt auch im Grundschulbereich weg. Carla, selbst Mutter von sechs Kindern, hatte sich im Sommer bereit erklärt, mit ihrer Erfahrung in einer freien Schule, für den Einstieg da zu sein, gemeinsam mit einigen Müttern aus der Gemeinschaft. Mit Freude über den Anklang dieser Idee, hieß das Schulteam 14 neue Kinder willkommen, die sogleich für noch mehr Schwung, Belebung und neue Konstellationen und Freundschaften unter den Kindern sorgten.
Auch ganz praktisch mussten wir für dieses Konzept Platz schaffen – unser Gemeinschaftsatelier, das nun als Schulraumerweiterung dient, haben wir so eingerichtet, dass es im Erdgeschoss von den „Kleinen“ wunderbar bespielt und belebt werden kann. Im oberen Hausbereich stehen den Jugendlichen dadurch auch neue Räume zur Verfügung: Sie können sie offen nach eigenen Träumen und Vorstellungen gestalten. Da sich für die Freie Schule im Herbst 2015 weitere 10-15 Kinder, auch von extern, angemeldet haben, steht uns bis in den Herbst hinein eine umfassende Renovierung des Atelierhauses bevor. Und das nächste Projekt ist bereits in der Entwicklungsphase: In 2018 soll ein kompletter Schulneubau fertig sein, der 80-100 Schülern Raum bietet und Strukturen für das Orientierungsjahr mit Jugendlichen und Inklusion in Zusammenarbeit mit der Lebenshilfe Crailsheim erlaubt.
Nimm es selbst in die Hand!
Seit der Winterzeit tummeln sich zwischen Aquarien, Lexika und Musikinstrumenten nunmehr 45 Schüler! Und wir haben „Gangs“, die sich täglich, wöchentlich und monatlich neu formieren: Die Bauhüttenmädels, die Zockerbande (Rommé und Canasta, ganz hoch im Kurs: Monopoly), die Eisenbahnfans, die Kettcar-Gang, die Baumkletterer, die Zirkuscrew, die Frankreichfahrer, die Segeltruppe, die Näherinnen, die Töpferinnen, …
Eines wird immer deutlicher: Unsere Jugendlichen übernehmen mehr und mehr die Verantwortung für ihr eigenes Tun und die Organisation ihrer sozialen Beziehungen. Ein Höhepunkt im Winter war die selbst organisierte Exkursion nach Österreich zum Skifahren. Auch unsere Mädels der Spanischgruppe wollten fort, das „echte“ Leben erfahren – und machten sich im September gut vorbereitet und hochkonzentriert auf, in Begleitung von Susanne, Barcelona, Land und Leute kennenzulernen. In der Bewältigung eines neuen Alltags und unter den Eindrücken einer anderen Kultur im Süden Europas, wuchs ihre Motivation für den Erwerb dieser Fremdsprache stetig. Die Begeisterung der Schülerinnen war für die Gemeinschaft lebhaft spürbar, sprühend erzählten sie und fassten ihre Eindrücke in einer Fotopräsentation zusammen.
Was möchte ich tun?
Das Gespenst „Schulfremdenprüfung“ für den Abschluss „Haupt- bzw. Werkrealschule“ wandelt sich in den Schülerköpfen! Inzwischen haben einige unserer Schüler eine klarere Ausrichtung darauf gewonnen. Wie umfangreich, anstrengend und langwierig es ist, sich eigenverantwortlich und motiviert darauf zu fokussieren, war dann doch eine der härteren Erfahrungen dieser quereinsteigenden Schüler. Dieses Jahr meldete sich schließlich doch noch keiner zur Prüfung an, aber hinsichtlich kommender Bewertungssituationen arbeiten die Schüler auf eine interne Prüfungssimulation im Juli hin.
Wesentlicher Bestandteil unserer schulisches Schulkonzepts ist, sich breit zu orientieren, sich mit unterschiedlichsten Themen zu konfrontieren, herauszufinden, welche neue oder andere Lernformen es gibt und welchem Lerntyp man selber entspricht. Konkret heißt das bei uns: In den schriftlich fixierten Vereinbarungen aller älteren Schüler mit ihren Tutoren, müssen sie Fragen wie z.B. „was sind meine nächsten Schritte?, wie will ich sie tun?, worauf liegt mein Schwergewicht, wo sind meine Lücken, meine Stärken?“ durchdacht beantworten. Einer Elterninitiative folgend, haben sich ein paar der älteren Schüler mit dem Lernmodell der LAIS-Schulen und dem Prinzip der Schaubildarbeit aus der russischen Schetinin-Schule befasst. Für andere wiederum standen im Laufe der letzten Monate Praktika im Bereich Bau, Küche, Gärtnerei und Filmproduktion an. Die Aufgaben einer Lernbegleiterin stehen seit einigen Wochen für eine Schülerin im Fokus ihrer Aufmerksamkeit. Sie wechselt sozusagen die Seiten, leitet hier und da mit an und schnuppert täglich in den Teamsitzungen.
Qualifizierte Begleitung
Mehr Schüler brauchen mehr Begleiter – die gestiegenen Schülerzahlen forderten von uns ein relativ schnelles Handeln und Aktivwerden hin zu mehr Lernbegleiter-Präsenz. Seit Anfang des Jahres erweitert sich das Begleiterteam kontinuierlich, um dem Anspruch der permanenten Ansprechbarkeit für Schülerimpulse gerecht zu werden. Es legt seinen Schwerpunkt diese Jahr auf die Montessori-Material- und die Beziehungsarbeit sowie auf die Dokumentation von Lernerfolgen. Als fachliche Unterstützung dafür konnte Oswald Rabas gewonnen werden, der das Team schon seit eineinhalb Jahren supervisiert. Und auch die Eltern ziehen mit und arbeiten mit ihm umfassend und praxisorientiert ihre Fragestellungen auf.
Zu Fragen der Sicherheit in und um die Schule prüft und untersuchte ein Fachsicherheitsbeauftragter die Umgebung und die Gebäude der Schule. Alle Lernbegleiter absolvierten im Zuge dessen erneut einen Erste-Hilfe-Kurs.
Im Frühjahr erfolgte der erste Besuch vom Schulamt Künzelsau und einer Vertretung des Regierungspräsidiums Stuttgart.
Fachkräftig werden wir auch aus der Gemeinschaft unterstützt. Die Schuldorfbegleiter haben sich bereit erklärt, die Lernbegleiter in ihrer Teambildung und Zusammenarbeit strukturell zu unterstützen und sich auch tragend bei der Umsetzung des Atelierumbaus einzubringen.
Feiern
Als Abschluss der letzten zwei Jahre wollen wir zusammen mit allen Dorfbewohnern ein Sommerfest feiern. Unsere Schüler können ihre Arbeiten und Ergebnisse präsentieren, die Eltern kreieren einen Fitness-Spaßparcours für Groß und Klein am Nachmittag und fürs leibliche Wohl sorgt ein großes Grillevent am Abend auf der Festwiese. Die Anstrengung der Aufbauarbeit aller Beteiligten soll hier in einem entsprechenden Ambiente gewürdigt werden. Wir freuen uns darauf!