Nachhaltiges, experimentelles Wohnen in Gemeinschaft
Wir wollen Zukunft begreifen – und uns in der Zukunftswerkstatt Tempelhof Fragen des nachhaltigen Wohnens, des Miteinander Lebens in einer sozial gerechten und sinnerfüllten Gesellschaft widmen, sie erforschen und uns darin ausprobieren. Nach einigen gemeinsamen „Probe“-Monaten im letzten Sommer sind wir auf einem guten Weg, konkret zu werden.
Die Idee
Zwischen Juni und Oktober 2013 verbrachten 14 Erwachsene und 12 Kinder in Bauwagen, Jurten und Zelten die warme Jahreszeit gemeinsam auf der östlichen Wiesenfläche unseres Geländes. Unsere Vision war es, die Strukturen der auf sich gestellten Kleinfamilien und des isolierten Single-Lebens zu verändern hin zu einem Gefühl der Zugehörigkeit wie in einer Großfamilie mit Vertrauen als Grundlage und Verantwortung, die auf viel mehr Schultern verteilt ist.
Im Kreis formiert, beherbergte unsere kleine Sub-Gemeinschaft im Inneren ein großes Küchenzelt und eine Wohnzimmer-Jurte, in der gegessen, gefeiert und gelacht wurde, Mütter konnten sich treffen, es war Austausch- und Begegnungsplatz für Groß und Klein. Kurz: In der konzentrischen Struktur lag der gemeinsame geistige, persönliche und geschützte Raum, im Herzen der Gruppe war die psychologische und logistische Zentralität spür- und sichtbar. Keine langen Wege, die alltagsnotwendige Infrastruktur ermöglichte echte und reale Begegnung ohne Absprachen, spontane Ereignisse ereigneten sich mittendrin durch alle, ungezwungen und durchlässig für Alt und Jung. Wir haben dabei wahrgenommen, dass intensives gemeinschaftliches Leben überhaupt erst entsteht, wenn sich die Menschen im Alltag immer wieder von selbst begegnen. Rituale, wie z. B. die tägliche Mitteilungsrunde nach dem Abendessen, Geschichten-Erzählen oder das Entzünden und Hüten eines Feuers, verbinden die Gruppe innerhalb der großen Gemeinschaft Tempelhof zusätzlich. Fast unmerklich wurde das alltägliche gemeinschaftliche Lebensgefühl als glücklicher und erfüllter empfunden. Die „Experimentierer“ beobachteten an sich einen sinkenden Konsum von „Ersatzbefriedigungen“. Wohltuend fand ein Fokuswechsel von materiellen Bedürfnissen hin zu „sozialem Wohlstand“ statt.
Tun!
Aus dieser kraftvollen und deutlich verstärkten Gemeinschaftsbewegung heraus, soll nun am Tempelhof ein Baufeld für experimentelles Wohnen entstehen. Im Vordergrund stehen für uns mehrere Gedanken: Zum einen wollen wir eine naturverbundene, CO2-arme und nachhaltige Lebensweise in einem einfacheren, leichten und ressourcenschonenderen Lebensstil finden. Wir suchen auch nach einer Möglichkeit in der konkreten Wohnweise, gemeinschaftliches Leben sichtbar zu machen. Schließlich hegen wir den Wunsch, möglichst flexibel reagieren zu können auf sich verändernde soziale Räume und individuelle Lebenssituationen. Wohnen in der Natur soll sich aber nicht nur auf das Dort-Sein beziehen, wir wollen Grünanlagen als essbare Gärten im Sinne der Permakultur angelegen.
Jetzt sind wir dran! Auf dem mit Behörden vorbesprochenen Areal gibt es Platz für 20-30 Menschen, insbesondere auch für unsere Familien, die offen sind für das Experimentieren mit neuen Wohnformen. Es soll möglichst kein Boden versiegelt werden. Wir wollen feste Gemeinschaftsräume, wie z. B. ein Earthship als Wohn-, Ess- und Küchenraum, Bäder, Gästezimmer im Zentrum errichten und mobile Wohn- und Schlafeinheiten aufstellen. Im Ganzen gesehen entsteht also ein Bild eines großen Hauses mit flexiblen Zimmern in einer kreisförmigen Gruppierung.
Wohnen neu gedacht
In vielen Gesprächen hat sich herauskristallisiert, die privaten Räume in verschiedenen Formen entstehen zu lassen, die zum größten Teil von den Bewohnern in Eigenproduktion angefertigt werden: Denkbar wären hier für uns mobile einstöckige Holz-Wohneinheiten, Bauwagen und Jurten, später sind auch experimentellere Bauweisen wie z. B. Wabenhäuser, Erdhügelhäuser oder Kuppelbauten vorstellbar. Wir denken außerdem an die gemeinsame Nutzung eines Wagenbüros als Open-Office.
Das Zusammenleben auf dem Baufeld verstehen wir als fortwährenden Forschungsraum, in dem immer wieder neu erprobt wird, welche Strukturen das soziale Miteinander noch weiter verbessern können. Die Möglichkeit unterschiedlicher Anordnung von Wohnorten durch mobile Zimmer mit einem gleichzeitig festen gemeinschaftlichen Zentrum verbindet unseren erlebten Spannungsbogen zwischen Individualität und Gemeinsinn.
Das Baufeld für experimentelles Wohnen soll parallel zu den anderen Wohn- und Siedlungsformen am Tempelhof entstehen. Ein weiteres Ziel ist, dass sich in dem flexiblen Umfeld des Experimentellen Wohnens Menschen finden können, die später zusammen eine Bau- oder Siedlungsfamilie begründen möchten.