Ankommen als Familie

Vor fast fünf Monaten sind wir mit unseren beiden Söhnen Milo (6) und Simon (2) kurz vor Weihnachten aus Freiburg aufgebrochen.

Freiburg ist eine idyllische, junge und sehr alternative Stadt mit vielen zukunftsweisenden Initiativen: einem Nachhaltigkeitsrat, einer Transition Town Bewegung, mit Mietshäuser Syndikatsprojekten, der SoLaWi GartenCoop Freiburg, Gemeinschaftswerkstätten, Quartiersläden, dem alternativen Stadtteil „Vauban“, Permakultur Projekten und vielem mehr.

Der Abschied fiel uns wirklich schwer, denn über die Jahre war ein tolles Netzwerk mit vielen guten Freunden und spannenden Kontakten entstanden. Wehmut, Ängste und Zweifel wechselten sich ab, und wurden entweder mit Geschäftigkeit verdrängt oder mit Vernunft gebändigt. Jedoch fühlten wir bei den regelmäßigen, kurzen und intensiven Besuchen am Tempelhof immer wieder ein klares „Ja“ zu den Menschen, Visionen und Werten. Und, dass jetzt der richtige Zeitpunkt für einen neuen Lebensabschnitt gekommen war. Ein Schritt weiter in Richtung mehr Verbindlichkeit und Verantwortung, sowie dem Zusammenbringen der einzelnen Lebensbereiche (Gestaltung, Kinder, Arbeit, Engagement und Freizeit).

Die ersten Tage konnten wir es noch nicht so richtig fassen, tatsächlich am Tempelhof zu sein. Ein Mix von Gefühlen: Euphorie, Entspannung, Neugier und zarte Verbundenheit – an einem Platz zu sein, der Menschen mit persönlichen Visionen anzieht, deren Antworten in dem kooperativen Aufbau einer Lebensgemeinschaft liegen.

Über Tempelhof lag zwischen den Jahren eine sehr ruhige Atmosphäre, so dass wir entspannt auspacken und das Gelände erkunden konnten. Für uns hatte es etwas Besonderes, mit dem Silvesterfest und den anschließenden Intensivtagen zusammen mit den Bewohner*innen ins neue Jahr zu starten. Bei den Intensivtagen zeigten sich sogleich die aktuellen, sozialen und strukturellen Themen. Viele spannende Fragen wurden dabei aufgegriffen, wie z.B.

  • Was ist die Ausrichtung vom Tempelhof und inwieweit stimmt der Begriff Zukunftswerkstatt noch?
  • Was bedeutet Tempelhof als Heimat?
  • Wie geht es weiter mit dem CSA-Modell (steht für Community Supported Agriculture)
  • wo stehe wir mit dem Willen zur gemeinschaftlichen Ökonomie, der Spiritualität am Platz, unserer Persönlichkeitsentwicklung, der Vielfalt, Wertschätzung etc.?

In diesen Tagen lernten wir einige Mitbewohner näher kennen und bekamen ein Gespür für die Art und Weise des Zusammenkommens, der Bewegung mit Themen – und sozusagen ein Stück Gemeinschaftskultur mit viel Energie und Präsenz.

In erster Linie fiel uns auf, dass die dorfähnliche Infrastruktur vom Schloss Tempelhof, fast alles, was man im Alltag braucht bereitstellt und auch einen großen Gestaltungsrahmen bietet. Es gibt mehr Möglichkeiten für Begegnung und Austausch, für Engagement und Mitbestimmung und für persönliche Initiativen und Interessen. Die Kinder sind viel freier in ihrem Bewegungsradius im Vergleich zu vorherigen Stadtleben und freier darin, ihren eigenen Impulsen nachzugehen. So hatten wir in den  kalten Januarwochen viel Spaß mit den Kindern in der Turnhalle.

Natürlich gibt es auch herausfordernde Aspekte: nach den anfänglichen leichten Wochen, kam auch bald ein Tief. Die Eingewöhnung von beiden Kindern in den Alltag sowie Kinderbetreuung verlief, entgegen unseren Erwartungen, teilweise schwierig. Milo war mit der Situation „ausgeschlossen zu werden“ überfordert und wünschte sich seine Freiburger Freunde zurück. Auch Simon braucht seine Zeit, sich an die Waldkindergruppe zu gewöhnen. Das war nicht immer leicht zu halten und ließ uns Eltern ein stückweit mitleiden, auch nicht gleich einzuschreiten und dem Ganzen mehr Zeit zu geben.

Mit dem langsamen erfassen der Strukturen, Kreisen und Angeboten, dem startenden Alltag, gibt’s auch kleine Zweifel, wie eigentlich Arbeit, Kinder, Gemeinschaftsstunden, Dorfplenen, Einbringen in den verschiedenen Kreisen, die Erhaltung eines gemeinsamen Raums als Familie oder als Paar, all das energetisch machbar ist.

Sehr bewegt und Schritt für Schritt bekommen wir ein größeres Bild von der Gemeinschaft Tempelhof, lernen die Menschen kennen, die Räume und es entsteht ein routinierterer Ablauf, wo jedes Familienmitglied sein Platz findet.

Die Herausforderungen sehen  wir in der Abgrenzung, in der Kommunikation, und dem gut Sorgen für die eigenen als auch für die Bedürfnisse der Kinder. Und uns scheinen fünf Monate nicht ausreichend, um Tempelhof und die Gemeinschaft im Ganzen fassen zu können und zu entscheiden, ob der Platz für uns als Familie stimmig ist. Und trotzdem haben wir immer noch ein gutes Gefühl, diese spannende und ungewisse Reise gemeinsam zu gehen.

Pol+Lena+Milo+Simon

Aktuelles

  • Winterpause

    Voller Dankbarkeit blicken wir auf das Jahr zurück. Viele wunderbare Menschen durften wir in unseren neuen und neugestalteten Räumen willkommen heißen. Nun heißt es auch für uns das Jahr nachklingen lassen und die besinnliche Zeit genießen. Wir wünschen allen schöne Feiertage!

  • Tempelhof News Herbst 24

    Der Herbst ist eingekehrt und bringt eine Fülle von Farben und Erlebnissen mit sich! Wir laden euch ein, in unserem aktuellen Newsletter die Highlights der vergangenen Monate zu entdecken. Viel Freude beim Stöbern!

  • Regionale Vernetzung

    Gemeinsam die Region gestalten! Zum 3. Mal wurde am 15.10.2024 ein regionales Vernetzungstreffen für Gruppen und Organisationen aus dem Bereich Nachhaltigkeit der Region Hohenlohe-Franken-Tauber durchgeführt. Es gab wieder einiges Neues zu erfahren! Hier der Bericht und die vorgestellten Projekte.

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