Wir sind überglücklich – die Vision von einer lebendigen und artenreichen Landschaft ist wieder ein Stück näher gerückt: Eine Landschaft voller Gaumenfreuden, wohlschmeckenden und süßlichen Nüssen, schmackhaftem und exotischem Obst, großem Blütenreichtum mit abwechslungsreichen Farben und Düften, mit vielfältigen heimischen Pflanzen, singenden Vögel, Schmetterlingen und brummenden Hummeln, in der wir die schönste Entspannung in der Begegnung mit der Natur finden.
Und warum? Unser Antrag auf Förderung eines Modellprojektes Agroforst und Keyline Design wird von der Deutschen Postcode Lotterie Stiftung für eine Laufzeit von 2 Jahren gefördert! Anfang des Jahres erreichte uns diese schöne Nachricht.
Seither laufen für dessen Umsetzung viele Beratungsgespräche und die Feinplanung der Bepflanzung der unterschiedlichen landwirtschaftlichen Flächen – aber was steckt eigentlich hinter diesen neuen Begriffen und der Idee?
Um was es geht
Die Realisierung von Agroforst und Keyline Design, ein Baustein zur Umsetzung der Vision einer „aufbauenden Landwirtschaft“, nimmt Bezug auf frühere kulturell bedeutsame Landnutzungsformen, wie z.B. die Streuobstwiesen, die Windschutzhecken, die Knicks in Schleswig-Holstein bis zu den Haglandschaften in Bayern. Die Nutzung der Vorteile von Bäumen in der Landwirtschaft geriet in den letzten Jahrzehnten zunehmend in Vergessenheit. Kleinteilige und komplexe Strukturen wurden im Zuge des technischen Fortschritts durch größer strukturierte und rationalisierte Landnutzungsmodelle verdrängt.
Bei modernen Agroforstsystemen handelt es sich um multifunktionale Landnutzungssysteme, durch die zugleich landwirtschaftliche Ökosysteme regeneriert und eine nachhaltige Lebensmittelproduktion gesichert werden kann. Dabei werden Gehölze und andere mehrjährige Pflanzen in bestehende Acker- und Grünlandflächen nach einem innovativen Wassermanagementsystem (Keyline Design) in Bezug auf die Höhenlinien integriert.
Das Agroforstsystem ist aus verschiedenen Elementen zusammengesetzt: u.a. Biodiversitätsinseln, Werthölzern, Baumreihen als Windbrecher, schnellwachsende Pappeln, essbare Hecken, Wildhecken und Walnuss als primäres Gehölz, das in allen Bausteinen enthalten ist. Zudem wird Wasser nach dem Keyline Design aktiv in die Landwirtschaft, durch eine mechanische Landschaftsgestaltung, einbezogen. Das Wasser wird auf diese Weise verlangsamt, kann besser versickern, und damit auch gespeichert und gleichmäßiger verteilt werden – was in Zeiten des Klimawandels immer wichtiger wird.
Das Potenzial
Die Liste der ökologischen Vorteile durch die Kombination beider Systeme ist lang: Kohlenstoffspeicherung, verbesserte Bodenfruchtbarkeit, Verminderung der Bodenerosion durch Wind und Wasser, Verbesserung des Wassermanagements, Erhaltung bzw. Erhöhung der Biodiversität, Erhalt von Kulturlandschaften und Beitrag zum Tierwohl. Die Liste der wirtschaftlichen Vorteile ist dagegen eher kurz, und trifft damit einen der Kernpunkte, weshalb sich die Agroforstwirtschaft in Deutschland bisher nur wenig etabliert hat.
Das Modellprojekt dient damit als Praxisversuch und Demonstrationsbetrieb und soll einen Beitrag zur Veränderung der aktuellen landwirtschaftlichen Praxis leisten, indem Wissen und Erfahrungen einer breiten Öffentlichkeit weitergegeben werden und möglichst viele Nachahmer für diese landwirtschaftlichen Praktiken gewonnen werden können. Auch mit der Besonderheit, dass es sich um einen produktiven landwirtschaftlichen Betrieb handelt, in dem praktische Erfahrungen gemacht werden und auch die gewonnenen Kenntnisse im Umgang mit den verwaltungsrechtlichen Vorgaben der EU bzw. Deutschland und dessen landwirtschaftlichen Direktzahlungen weitergegeben werden können. Neben extra Tageskursen für Studenten und Landwirte fließen die Informationen auch in andere vor Ort und online angebotene Kurse, Workshops, Führungen und das jährlich stattfindende Landwirtschafts-Symposium.
Die Umsetzungsschritte
Innerhalb dieses Projektes sind verschiedene Umsetzungsschritte über 2 Jahre geplant. Die Pflegemaßnahmen und die Weiterverarbeitung von verschiedenen landwirtschaftlichen Produkten wie. z.B. Nüssen und Obstsorten werden über die Projektdauer hinaus etabliert.
Weitere Information zu dem Modellprojekt findet ihr auf der Website www.lebendige-landwirtschaft.de und bald auf www.agroforst-tempelhof.de.
Wo kann man sich noch über Agroforst informieren?
In Deutschland setzt sich der Deutsche Fachverband für Agroforstwirtschaft (DeFAF, www.defaf.de) für die stärkere Umsetzung dieses Landnutzungssystems ein. Der bunt gemischte Personenkreis aus allen Ecken Deutschlands stammt nicht nur aus dem Wissenschaftsbetrieb, sondern auch aus der Landwirtschaft, Planungsbüros, Behörden und Kommunen.
Das Projektteam „Aufbauende Landwirtschaft“ besteht aus Martina Jacobsen, Stefan Schwarzer, Maya und Sebastian Heilmann und Helene Urbain und vielen weiteren unterstützenden Händen aus der Landwirtschaft.
Helene Urbain