Von Susanne Socher
Vor wenigen Wochen fand zum dritten Mal ein WIR-Prozess speziell für junge Menschen unter 30 Jahren statt. Was auf den ersten Blick als ungewöhnliches Format erscheinen mag, etabliert sich zunehmend an verschiedenen Orten und in unterschiedlichen Ausprägungen. Die Teilnehmerzahl bestätigte dabei eindrucksvoll die Relevanz dieses Angebots: Junge Menschen sind auf der Suche nach Antworten und brauchen eine Stimme im Umgang mit den Herausforderungen unserer komplexen Welt.
Im Prozess wurde deutlich, wie sehr die grundlegenden menschlichen Themen auch die junge Generation bewegen: Die Spannung zwischen Zugehörigkeit und Ausgrenzung, der Wunsch Raum einzunehmen versus sich zu verstecken und die Erfahrung von Polarisierung. „Wir gegen die Anderen“ wurde in der Dynamik der Gruppe erlebbar, ebenso wie scheinbare Gegensätze durch echte Beziehung und authentischem Interesse am Gegenüber aufgebrochen werden konnten.
Gleichzeitig zeigten sich deutlich die ganz eigenen Herausforderungen der jungen Generation und es war wohltuend für die ganze Gruppe, sich einfach nur gegenseitig zuhören zu können. Dies wurde – anders als im klassischen WIR-Prozess-Format – ausgiebig an den Anfang gestellt, um den Raum sicher zu machen. Eine nötige Voraussetzung für den Start des Prozesses, um sich daraufhin der Themen der Gruppe bewusst zu werden und diese gemeinsam zu erkunden.
Als Begleiterin erfuhr ich meine Rolle ganz neu. Anders als in gewohnten Prozessen hielt ich mich bewusst im Hintergrund, während mein „Ohr“ für die Gruppe so präsent wie selten zuvor war. Dabei wurde ich mir meiner eigenen Themen um Schnelligkeit, Rang und Macht mal wieder bewusst und wie wichtig es ist, der jungen Generation ihren ganz eigenen Platz zu überlassen und zu vertrauen, dass dieser dann auch stimmt. Eindrucksvoll wurde für mich so mancher Konflikt in der Gruppe bearbeitet und – wenn wundert´s – so ganz anders als ich persönlich da ran gegangen wäre. Das macht Hoffnung, zumal ich einen so grundsätzlich liebevollen Umgang untereinander erlebte.
Scott Peck, auf den der WIR-Prozess gründet, beschrieb einmal treffend, dass dies ein Prozess von „ungewöhnlicher Sicherheit und außerordentlichem Respekt“ sei.
Sollte dieser WIR-Prozess einen Referenzpunkt dafür darstellen, wie Kommunikation und Umgang miteinander auch möglich sind, so liegt darin ein unschätzbarer Wert. In einer Welt, die viel zu oft von kalten Leistungsprinzipien und Beziehungslosigkeit geprägt ist, wird hier ein Erfahrungsraum geschaffen, der gerade für junge Menschen einen Boden bilden kann für die Herausforderungen der Zukunft. In einer Zeit, in der Künstliche Intelligenz zunehmend unser Leben prägt, wird es umso wichtiger genau zu wissen, wer wir als Menschen sind und den Bewusstseinsraum zu erweitern. Dabei ist die direkte Erfahrung, wie sie der WIR-Prozess bietet, jeder Theorie vorzuziehen.
Ausblick: Neues Jahrestraining – Begegnung in tiefer Präsenz
Mit dem neuen Jahrestraining „Begegnung in tiefer Präsenz“ machen wir ein Angebot für Menschen aller Altersgruppen, in dem das eigene Ich im Bezug zum Gegenüber und einer Gruppe erfahren werden kann. Durch den Einsatz des WIR-Prozesses, körperorientierter Methoden sowie Wahrnehmungs- und Bewusstseinsübungen, schaffen wir eine ganzheitliche Verbindung von Kopf, Gefühl und Körper. In dieser tiefen Präsenz begegnen wir einander jenseits unserer individuellen Muster und Glaubenssätze und erfahren unsere gemeinsame menschliche Schönheit. Hier können wir Brücken zueinander bauen und einen wahren Beitrag zum Frieden untereinander leisten. Näheres unter Veranstaltungen.
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In der Stille zwischen deinen Herzschlägen ertönt ein Ruf.
Hörst du ihn?
Benenne ihn, wenn du das musst,
oder lass ihn für immer namenlos.
Aber warum so tun, als ob er nicht da wäre?
Geh weg von dem, was nicht ist,
aber zu sein scheint.
Suche das, was IST,
aber nicht sichtbar.
Rumi