Lange ersehnt: Ein schönes Haus für unsere Seminararbeit

Einblicke aus dem Um- und Ausbau unseres Seminarhauses.

Bei der Gründung der Zukunftswerkstatt Tempelhof im Jahr 2011 war der Seminar- und Gästebetrieb einer der ersten Bereiche, der startklar war und direkt mit Angeboten an die Öffentlichkeit ging. Daran zeigte sich die hohe Bedeutung, die das Wirken in die Welt und die Einladung von Inspiration und Vernetzung für die Gemeinschaft hatte. Um so direkt beginnen zu können, wurde das „alte Gästehaus“ renoviert und durch „Patenschaften“ ausgestattet, aber nicht komplett saniert. Der alte Charme blieb erhalten, jedoch war auch immer klar, dass es irgendwann grundlegendere Sanierungsarbeiten geben müsste. Zugleich wurde die Herausforderung angenommen, das alte Betongebäude der „Beschützenden Werkstätten“ mit viel Fläche, aber auch viel Waschbeton am Boden und offenen Ziegelmauern an den Wänden in ein möglichst gemütliches und einladendes Seminarhaus zu verwandeln. Daraus wurden lange Jahre Seminarbetrieb in Koexistenz mit verschiedensten Gewerken von Schreinerei bis Praxisräumen im Haus, was zu entsprechenden Nutzungskonflikten führte.

Die Planung

All die Jahre gab es den Traum, einmal neue Räume zu bauen, die den Bedürfnissen der Gäste besser entsprechen und den inzwischen gewachsenen Seminarbetrieb und das Gästewohnen an einem Ort zusammenführen würden. Im Winter 2019/20 wurde es dann konkret. Eine interne Planungswerkstatt widmete sich der Thematik, wie die Nutzungen entflochten werden könnten, wie ein guter eigener Ort für die Werkstätten und Handwerksbetriebe entstehen und das Seminarhaus endlich ganz Heimat für den Seminar- und Gästebetrieb werden könnte. Wie das oft ist in Gemeinschaft, war der Gesamtvorgang komplexer als gewünscht und gedacht: mehrere offene Planungstermine führten zu einem Konsens über das, was es brauchte und es wurden letztlich zwei Bauvorhaben daraus: das „Werkhaus“ als Ort für Handwerk und Co-Working und die „neuen Gästezimmer“ am Seminarhaus. Von der Gemeinschaft wurde ein Bauteam gewählt – mit Stefan, Jürgen, Martina und Agnes zwei Bauerfahrene und zwei Verantwortliche aus dem Seminarbetrieb.

Jetzt erst recht!

Während die Planungen in den Jahren 2020 und 2021 mit Architektenwissen unterlegt, Nutzungserfordernisse konkretisiert und Finanzierungen erstellt wurden, wandelte sich die Welt. Die Corona-Pandemie wirbelte vieles durcheinander, es kam vermehrt zu Lieferengpässen, enormen Preissteigerungen bei Baumaterialien und die finanziellen Rahmenbedingungen des Staates und der Banken änderten sich spätestens im Frühjahr 2022 mit der Zinswende und gestrichenen Förderungen radikal. Dazu kamen die ständigen Lockdowns, die gerade den Seminarbetrieb erheblich betroffen hatten. All die Unsicherheiten führten dazu, dass wir uns als verantwortliches Bauteam und Vorstand nicht mehr sicher waren, ob die bereits getroffenen Entscheidungen tatsächlich umgesetzt werden sollten, da sie auch erhebliche finanzielle Risiken für die Gemeinschaft beinhalteten und bisher sicher geglaubte Zusagen ins Wanken gerieten. Daher kam die Gemeinschaft im Intensivwochenende im Frühjahr 2022 zusammen, und die Bauvorhaben wurden grundsätzlich noch einmal in Frage gestellt: Wollen wir das wirklich? Sind wir bereit die zusätzlichen Risiken einzugehen? Trauen wir uns, in dieser unsicheren Welt unserer Vision treu zu bleiben und gehen wir gemeinsam durch alles was kommt? Tragen wir unsere Verantwortlichen mit, auch wenn sie die normalerweise geltenden Budgetzusagen unter den aktuellen Bedingungen nicht einhalten können?

Die Antwort der Gemeinschaft war ein klares und kraftvolles JA. Wenn wir es nicht schaffen würden, mit der Kraft einer Gemeinschaft im Rücken weiter an einer sinnvollen Zukunft zu arbeiten, wer sollte es dann tun?

Heute rückblickend kann ich sagen, die Entscheidung war ganz schön verrückt, denn die finanziellen Grenzen verschoben sich enorm und schienen zwischendurch geradezu beliebig. Und trotzdem war es genau die richtige Entscheidung: die Gebäude stehen, für die Finanzen haben wir gute Lösungen gefunden und die schönen neuen Räume wirken auf alle Menschen, die sie betreten. Sie schaffen einen guten Rahmen für die innere Arbeit, die unsere Welt so nötig braucht.

Altes mit Neuem verbinden

Das Vorhaben, ein neues Gästehaus „auf der grünen Wiese“ zu bauen, hatten wir vor allem aus ökologischen Gründen verworfen. Wir wollten keine neue Fläche versiegeln, sondern nahmen die Herausforderung an, aus dem Bestandsgebäude etwas Neues, Schöneres und Zukunftsfähigeres zu gestalten. Wie groß die Herausforderung tatsächlich war, war uns damals (zum Glück) noch nicht bewusst, auch wenn Vorahnungen da waren!

Das alte Betongebäude war für alle angefragten Architekten eine Herausforderung. Für den Umbau im Erdgeschoß ließ sich überhaupt keine Fachfirma finden, die die Verantwortung übernehmen wollte, so dass wir dort das meiste mit eigenen Kräften angegangen sind. Durch den Eingriff erlosch der Bestandsschutz, so dass wir neben Neu- und Umbau auch zugleich noch die gesamte Sanierung des Bestandsgebäudes durchführen mussten. Das spannendste war jedoch der Durchbruch in der Mitte des Hauses aus dem ersten Stockwerk aufs Dach, um ein zusätzliches Stockwerk aufzusetzen. Während die Dachöffnung fast der erste bauliche Schritt war, war die Treppe nach oben tatsächlich das letzte wesentliche Gewerk.

Es war, als sträube sich das Gebäude gegen die Verbindung von alt zu neu, von Betonbau zu Massivholzbau, die uns jedoch gerade so wichtig war. Es gab so ziemlich jede Komplikation, die es geben kann, inklusive jeder Menge Wasser von oben und unten, Baufehlern, Lieferengpässen, Preissteigerungen, ausfallenden Projektleitern usw.
Doch rechtzeitig zu Weihnachten 2023 war die Treppe drin, das neue Obergeschoß mit wunderschönen Gästezimmern verbunden mit dem Rest des Hauses. Ein besonderer Dank an alle, die daran bis zum Ende mitgewirkt haben!!

Wasser von oben!

Der Umzug von 28 Gästezimmern konnte mit vielen Händen umgesetzt werden, die Ausstattung wurde durch viele neue gebrauchte Möbel und möglichst viel Upcycling erneuert, und zum Saisonstart 2024 waren alle neuen Gästezimmer bereit für die Seminarteilnehmer!

Die Treppe! Am Ende der Winterintensivzeit wird sie von Martina geöffnet.

Bauen ist sicherlich immer eine Herausforderung. Die Umsetzung dieses Bauvorhabens auf rund 1.600 qm unter diesen äußeren Rahmenbedingungen bei zugleich weiterlaufendem Seminarbetrieb war auf jeden Fall eine Grenzerfahrung für mich persönlich und nur mit viel Halt und Unterstützung aus der Gemeinschaft möglich. Und mit ganz viel tollen Handwerkern, die viel Liebe in das Gebäude gesteckt haben, und wunderbaren ausdauernden Gästen, die alle die Baueinschränkungen der letzten Jahre treu mit uns durchgegangen sind und immer an das erfolgreiche Ende geglaubt haben!

Wir freuen uns sehr, dass das Seminar- und Gästehaus als Ganzes nun so einladend dasteht und einen stimmigen Rahmen für den Aufenthalt unserer Gäste bietet!

Dank

Es waren so viele Menschen und Firmen an der erfolgreichen Umsetzung beteiligt, dass es unmöglich ist, alle hier zu nennen. Daher an dieser Stelle der Dank an jede/n Einzelnen, der/die zur jeweils richtigen Zeit den eigenen Beitrag zum Gelingen geleistet hat: den privaten Geldgebern, unseren Banken, den Behörden und Ämtern, den Planern und Architekten, allen Handwerkern im Großen und Kleinen, allen Gästen in dieser Zeit, dem unglaublich stress-resistenten Seminar- und Gästeteam und der ganzen Gemeinschaft Tempelhof für den Glauben an das Unmögliche.

Martina Jacobson  


Und hier noch ein paar Einblicke:

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